Upcoming Architects Facing New Conditions

Interview mit Fabian Onneken & Jan Keinath, KO/OK Architektur

Auf Ihrer Website steht, dass Sie Ihre Projekte mit einem besonderen Fokus auf Materialisierung und Handwerk gestalten. Können Sie das näher erläutern?

Unser Ansatz ist, anhand einer guten und durchdachten Detaillierung und Materialisierung eine hohe architektonische Qualität zu erzeugen, die nicht auf eine hochpreisige Ausführung zurückzuführen sein muss. Mit dem besonderen Fokus auf Materialisierung ist gemeint, dass wir stets versuchen, Bauherren früh im Projekt ein Gefühl dafür zu geben, wie ihr Gebäude am Ende aussieht, wie es sich anfühlt, wie es riecht. Diese emotionale Dimension von Materialien ist uns sehr wichtig.

Was sind die Materialien, die Sie besonders bevorzugen und was sind für Sie die Materialien der Zukunft?

Pauschal kann man das nicht beantworten, die Materialwahl ergibt sich meistens aus dem Kontext. Aber sicherlich haben wir, rückblickend auf die bisherigen Projekte, einen starken Fokus auf dem Thema Holz. Grundsätzlich versuchen wir mit Materialien zu arbeiten, die eine interessante Haptik und Oberfläche haben und ein Gebäude in Würde altern lassen. Wir denken Räume nicht losgelöst vom Material, sondern befassen uns damit wie ein Material aussieht, wenn eine Macke drin ist oder wenn die Sonne fünf Jahre drauf scheint. Schnell kommt man da zum Holz, weil es sowohl im Innenraum als auch für die äußere Gestalt von Gebäuden immense Potenziale hat.

Unser Ziel ist es, einfach zu bauen und bei jedem Projekt zu versuchen, ein Gebäude zu schaffen, an das man im Idealfall in den kommenden Jahrzehnten nicht mehr „ran muss“; was unter anderem auch impliziert, möglichst wenig wartungsrelevante Technik einzubauen.


Das Waldhorn in Kirchheim unter Teck – Gasthaus und Hotel

Haben Sie die Erfahrung gemacht, dass Bauherren von Nachhaltigkeit absehen, sobald diese Mehrkosten auslöst?

 

Wir versuchen immer von Anbeginn Nachhaltigkeitsaspekte mit zu denken, bieten also nicht die Option ‚Normal plus X‘ an. Nachhaltigkeit ist ja nicht nur auf das Thema Material und Bauweise gemünzt, sondern genauso auf die Art und Weise, wie Räume organisiert werden und nutzbar sind. Alle unsere Projekte standen und stehen unter einem extrem hohen Kostendruck, und trotzdem haben wir es bisher über das Thema Materialisierung und einen maßvollen Umgang mit der Ressource Raum geschafft, zu nachhaltigen Lösungen zu kommen.

Kegelbahn Wülknitz – Sportgebäude mit Kegelbahn

Worin sehen Sie eine Möglichkeit, den Überkonsum von Ressourcen im Baugewerbe zu bekämpfen?

 

Das Wichtigste ist zunächst die Abkehr von einer scheinheiligen Nachhaltigkeitsdebatte. Bislang spielte es in der Baubranche kaum eine Rolle, woher man die Materialien bezieht, wie recycelbar sie sind oder was für eine graue Energie drinsteckt. Solange Nachhaltigkeit im Bauen nicht gesamtheitlich gedacht wird, gibt es für die Baubranche oft keinen Anreiz, andere Lösungen zu finden. Bei uns steht immer auch der Lebenszyklus der Gebäude im Fokus. Je länger ein Gebäude steht und je besser ich es reparieren, austauschen und überarbeiten kann, desto besser wird die Gesamtbilanz. Die Architektur an sich muss also nachhaltig sein, die Materialwahl natürlich auch. Aber wie alles miteinander verbunden ist, wie es konstruiert ist, muss ebenfalls bedacht sein.

Ein weiterer wichtiger Nachhaltigkeitsaspekt ist die Region: Wir versuchen mit unserem Büro konsequent regional zu arbeiten, um vor allem das Handwerk zu stärken. Wir sind darauf angewiesen, denn ohne kompetentes Handwerk ist unsere Architektur nichts.

Gibt es etwas, was Ihnen an der zeitgenössischen Architekturdiskussion fehlt?

 

Uns fehlt die Wahrnehmung, dass Architektur eine sehr lange Zeit überdauern muss und auch so geplant und gestaltet sein sollte. Momentan ist, auch durch die zunehmende Nutzung von Social Media, die Architektur extrem bildorientiert. Wir versuchen Architektur zu durchdringen und in ihren Einzelaspekten zu überprüfen, um sie langfristig nutzbar und wandelbar zu machen. Außerdem nervt uns das Greenwashing von Projekten und eine zwanghafte Technisierung. Wir glauben, da braucht es neuen Input.

Lückenschluss in Leipzig-Connewitz – Mehrfamilienwohnhaus

Gast

Redesign Architekturwelt
Redesign Architekturwelt

Fabian Onneken & Jan Keinath

Architekten BDA

Fabian Onneken (M. Sc.) und Jan Keinath (M. Sc.) sind freie Architekten, deren Berufung in den Bund Deutscher Architektinnen und Architekten (BDA) 2020 erfolgte. KO/OK Architektur gründeten sie 2016 an den Standorten Leipzig und Stuttgart. Gemeinsam mit ihrem Team planen und realisieren sie Projekte aus den Bereichen Architektur, Interieur und Möbel für private und öffentliche Auftraggeber. Mit einem besonderen Fokus auf Materialisierung und Handwerk gestalten sie, in einem gemeinsamen Prozess mit ihren Bauherren, lebendige und charaktervolle Neubau‑, Umbau- und Sanierungsprojekte unterschiedlicher Maßstäbe.

Vor der Gründung von KO/OK Architektur studierte Fabian Onneken an der Bauhaus-Universität Weimar und an der Oslo School of Architecture and Design. Jan Keinath studierte ebenfalls an der Bauhaus-Universität Weimer.

Gastgeberin

SabineGotthardt
SabineGotthardt

Sabine Gotthardt

Leader, Business Development Architecture & Real Estate Central Europe, LIXIL EMENA

Als Diplom-Ökonomin wurde sie 2008 von der GROHE Deutschland Vertriebs GmbH beauftragt, ein Netzwerk von VIP-Architekturbüros und Immobilienunternehmen aufzubauen, um deren Empfehlungsverhalten zugunsten von GROHE positiv zu beeinflussen. Als "Türöffnerin" entwickelte sie Strategien, um die Top-Entscheider der Architektur- und Innenarchitekturszene an GROHE zu binden. Verschiedene von ihr entwickelte Interviewreihen dokumentieren das Engagement von GROHE, die Entwicklungen und Veränderungen in der Baubranche als Partner zu begleiten.

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