Innenarchitektur im Einklang mit Nachhaltigkeit!
Interview mit Monika Lepel
Manchmal gewinnt man den Eindruck, dass es den Innenarchitekt:innen an Selbstbewusstsein fehlt. Welchen Stellenwert hat die Innenarchitektur?
Im Grunde brauchen wir nichts mehr neu zu bauen. Innenarchitekten sind damit gefragt wie nie. Als ich 1981 mein Studium aufgenommen habe, ging es eigentlich nur um Möbel für wohlhabende Haushalte. Heute sind die Aufträge vielfältiger. Dabei geht es uns Innenarchitekt:innen um Funktion, um Bedarf, um Identität und natürlich um den Nutzer. Doch genau hier entsteht bereits Konfliktpotenzial, wenn wir beispielsweise für ein bedarfsgerechtes Konzept eine genaue Analyse der geplanten Architektur machen oder die Verteilung der Gelder zwischen Kunden, Architekten und Innenarchitekten verhandelt werden – da braucht es ein gesundes Selbstbewusstsein. Uns ist dabei aber wichtig, dass wir immer ein kollegiales Miteinander etablieren, denn nur zusammen können wir eine herausragende Arbeit abliefern.
Was sind für Sie mit Blick auf Klimawandel, Digitalisierung und Ressourcenknappheit die größten Herausforderungen in Ihrer Arbeit?
Der Wandel durch Digitalisierung besteht für uns schon zwanzig Jahre und ist für mich nichts Neues. Was uns sehr beschäftigt, ist der Fachkräftemangel, und zwar nicht nur im eigenen Büro. Wenn man etwas Außer¬gewöhnliches umsetzen möchte, braucht man auch Handwerksbetriebe, die über 0815-Lösungen hinausgehen. Unsere Kooperationspartner haben zwar gute Leute, aber sie haben auch ohne Ende zu tun und damit verschieben sich die zeitlichen Horizonte. Das ist im Moment eine dramatische Entwicklung. Hinzu kommen Lieferengpässe, die uns zum Warten zwingen. Das ist in Summe völlig irre. Im Bereich Nachhaltigkeit betreiben wir im Moment großen Aufwand, um nachhaltige Lösungen zu forcieren; dabei scheitert die Umsetzung oftmals an Produkten oder Vorgehensweisen, die so noch nicht erprobt sind, sodass Zertifizierungen fehlen. Besonders nachhaltig ist Architektur, die eine robuste Struktur hat, die verschiedene Nutzungsoptionen ermöglicht. Wir nennen es Architektur der Freiheit.
Wer baut, gestaltet Zukunft. Stimmen Sie dem zu?
Ja, in diesem Satz liegt, woran wir als Architekt:innen und Innenarchitekt:innen glauben. Es geht um den Willen, etwas zu gestalten, was in Zukunft tragfähig ist. Etwas, das von der Zukunft getragen wird, aber auch etwas, das in Zukunft trägt. Das nimmt uns in die Pflicht, uns zu committen und zu positionieren. Deswegen sind wir gerade sehr aktiv im Bereich Workshops und Strategieberatung für Unternehmen. Dabei sind diese Beratungsleistungen ein Teil unseres Leistungsportfolios und müssen nicht in gebaute Umwelt münden – was ich wiederum auch für eine nachhaltige Strategie halte.
Die Zukunft des Bauens gestaltet sich wieder mehr mit den Erfahrungen der Vergangenheit. Es tut gut, sich wieder auf einfache Methoden zu konzentrieren und von diesen überladenen Energiekonzepten wegzukommen, die letzten Endes auch nur Geld kosten. Wie denken Sie darüber?
Ich denke, niemand würde heute mehr dem Pferdekarren oder dem Brunnen hinterher weinen. Wir müssen wissen, was wir wollen und vom Ergebnis her denken und nicht immer nur vom Prozess oder von möglichen Schwierigkeiten aus. Es gibt technische Applikationen, die manche Kunden brauchen und manche nicht. Darüber werde ich nicht urteilen. Ich muss als Architekt:in meine Bauherren akzeptieren. Meine Aufgabe ist herauszufinden: Welche geheimen Motive hat mein Gegenüber wie Status, Sicherheit oder Innovation? Wir analysieren darum genau und argumentieren detailliert und professionell, um das Projekt für den Kund:innen nach seinen Motiven zu realisieren. Aus unserer Sicht ist es darum das Klügste, sich intensiv mit der Kundschaft zu befassen, anstatt sich nur um seine eigenen Interessen zu drehen. Wenn ich die Meinung des Kunden nicht schätze, sollte ich den Auftrag abgeben. Aber grundsätzlich lässt sich sagen, Veränderung ist immer schwierig, auch die Rückführung auf ein bescheideneres Komfortmodell. Unser Leitsatz ist da: „more and more of less and less“. Wir lieben es nachvollziehbare Installationen herzustellen, um je nach Bedarf anpassen, nachrüsten oder zurückbauen zu können.
Wie viel Nachhaltigkeit wird von Ihren Kunden eingefordert?
Wir haben sehr unterschiedliche Kund:innen. Alles, was zum Bund gehört, also Unternehmen wie die GIZ oder Kommunen, müssen zertifiziert nachhaltig agieren. Unternehmen wie Microsoft, haben weltweite Guidelines zur Nachhaltigkeit. In den Shops der Telekom wiederum haben wir jetzt zum ersten Mal nachhaltige Materialien verwendet. Nachhaltigkeit hat viele Facetten – der Fragebogen der Initiative „Phase Nachhaltigkeit“ der DGNB ist hier ein gutes Werkzeug, um über das Thema ins Gespräch zu kommen. Das Problem ist dabei, dass viele, die auf Kundenseite Nachhaltigkeit fordern, nicht im Einkauf tätig sind. Oft gibt es hier schon Budget¬vorgaben und im Hinblick auf das Nachhaltigkeits-Anforderungsprofil müssen wir frühzeitig offen sprechen, sonst entsteht nur Frust. Zudem haben wir den Anspruch, eine lange Haltbarkeit zu erzeugen. Bei so manchem sind wir beinhart und hinterfragen: Lohnt sich das wirklich, so hohe Kosten an einer Stelle mit relativ wenig Nutzen zu verbauen? Wenn man einen Auftrag nach HOAI annimmt, dann sinkt mit dem kleiner werdenden Bauvolumen auch das Honorar, obwohl wir deutlich mehr Hirnschmalz investiert haben, um nachhaltig zu bauen. An dieser Stelle ist die aktuelle HOAI also eher kontraproduktiv. Hinzu kommt, dass Regionalität überhaupt nicht mit den öffentlichen Ausschreibungen zusammenpasst. Wenn wir europaweit ausschreiben müssen, wie soll man da regional bleiben?
Gastgeberin
Sabine Gotthardt
Leader, Business Development Architecture & Real Estate Central Europe, LIXIL EMENA
Als Diplom-Ökonomin wurde sie 2008 von der GROHE Deutschland Vertriebs GmbH beauftragt, ein Netzwerk von VIP-Architekturbüros und Immobilienunternehmen aufzubauen, um deren Empfehlungsverhalten zugunsten von GROHE positiv zu beeinflussen. Als "Türöffnerin" entwickelte sie Strategien, um die Top-Entscheider der Architektur- und Innenarchitekturszene an GROHE zu binden. Verschiedene von ihr entwickelte Interviewreihen dokumentieren das Engagement von GROHE, die Entwicklungen und Veränderungen in der Baubranche als Partner zu begleiten.
Gast
Monika Lepel
Innenarchitektin BDIA
Monika Lepel gründete mit ihrem Mann Reinhard Lepel 1994 das renommierte Büro LEPEL & LEPEL für Architektur und Innenarchitektur in Köln. Gemeinsam planen sie visionäre Bauten für international agierende Unternehmen wie Microsoft, Google oder Telekom.
Nach ihrer Ausbildung an der Peter Behrens School of Architecture (PBSA) in Düsseldorf und der internationalen Sommerakademie in Salzburg war sie als Innenarchitektin bei KSP Köln tätig. Von 1992 bis 1996 unterrichtete sie Grundlagen der Gestaltung an der PBSA in Düsseldorf.
Die zentralen Themen ihrer Arbeit als Innenarchitektin sind das Büro der Zukunft, nachhaltiger Innenausbau sowie die gesunde Balance zwischen Nähe und Distanz im Raum, die sie regelmäßig als Speakerin in Vorträgen und Workshops vermittelt. Im Domestika Online-Kurs Grundlagen der Innenarchitektur: Plane kreative Arbeitsräume teilt sie ihr spezifisches Wissen als Workspace-Spezialistin.
2002 wurde sie erstmals mit dem Deutschen Innenarchitekturpreis geehrt. Es folgten weitere Auszeichnungen für ihre Projekte wie der Red Dot Award, iF Award, Iconic Award sowie German Brand Award.