Innenarchitektur im Einklang mit Nachhaltigkeit!
Interview mit Sabine Krumrey und Susanne Brandherm
Warum brauchen wir die Innenarchitektur als eigene Disziplin?
Mit unserer Fachkompetenz erkennen wir das Potenzial von Räumen in ihrer Vielschichtigkeit und die damit verbundenen Möglichkeiten. Schließlich befasst sich unsere Disziplin intensiv mit dem Detail. Wir sind hier sehr fokussiert – das schätzen auch die Architekten. Unsere Expertise bei Materialien und Produkten für den Innenraum ist sehr vielfältig und wir entwickeln Ideen mit Weitblick, da wir uns ja durchgängig mit diesen Themen beschäftigen. Bauen im Bestand – ganz gleich ob im Neu- oder Altbau – ist unser Geschäft. Was kann der Raum und wie lässt er sich am besten nutzen oder umnutzen? Das ist eine alltägliche Frage für uns.
Die Pandemie hat unser Denken und Handeln verändert. Wie spiegelt sich das in Ihrer Arbeit wider?
Wie für andere auch war die Pandemie für uns eine Herausforderung. Sämtliche projektbezogenen Meetings, auch die mit unseren Bauherren, fanden online statt. Das funktioniert nur bis zu einem gewissen Grad, da bei jeder Projektentwicklung irgendwann der Punkt kommt, wo wir feststellen: jetzt müssen wir einfach vor Ort sein. Darüber hinaus hat sich natürlich auch die Art der Projekte verändert. Insbesondere der Officebereich unterliegt derzeit einem umfangreichen Wandel. Dabei führt die vermehrte Nutzung des Homeoffice nicht zwangsläufig zu einer Verkleinerung der Büroflächen. Vielmehr sind heute neue, vielgestaltige Arbeitswelten mit unterschiedlichen Arbeitssituationen gefragt. Viele Mitarbeitende sind mittlerweile damit vertraut, mit dem Laptop zuhause oder im Café zu arbeiten und sich nur bei Bedarf mit dem Team zu treffen – ein fester Arbeitsplatz ist oftmals keine Option mehr.
Wie implementieren Sie Nachhaltigkeit in Ihre Projekte?
Wir sind Teilnehmer der DGNB-Initiative „Phase Nachhaltigkeit“ speziell für Innenarchitektur. Unsere Projekte werden in Zukunft noch explizierter unter verschiedenen Aspekten der Nachhaltigkeit hinterleuchtet und bewertet. Um dem Thema gerecht zu werden, haben wir hierfür bürointern ein Team etabliert, welches sich intensiv diesem breiten Aufgabenfeld widmet und für uns interne Leitlinien erarbeitet. Schön ist zu sehen, dass auch unsere Bauherren bewusster mit dem Thema Nachhaltigkeit umgehen. Das Gleiche gilt für viele Hersteller, die entsprechende Zertifizierungen für ihre Produkte anstreben oder bereits haben. Dabei ist es für uns aber enorm wichtig, genau hinzuschauen und uns nicht von schönen Werbekampagnen blenden zu lassen. Was das Wissen um echte Nachhaltigkeit angeht, wollen wir uns noch eingehender spezialisieren. Echte Nachhaltigkeit heißt für uns nicht nur die Materialität in der Zusammen¬setzung des Produkts sollte betrachtet werden, sondern wie und wo das Produkt hergestellt wird, wie sind z.B. die Transportwege. Auch geht es um gestalterische Aspekte, flexible Nutzungskonzepte, Nutzungen allgemein und Revitalisierungen. Das Feld ist sehr groß und keinen in wenigen Sätzen nicht beantwortet werden. Auch „leben“ wir das Büro nachhaltiger, das hat z.B. etwas mit der Mobilität wie auch einfache Dinge wie weiniger Drucken zu tun. Fakt ist jedoch aktuell der, dass wie allein durch das Bewusstsein der Thematik schon vieles erreichen, in allerletzter Konsequenz schaffen wir es jedoch noch nicht das Thema Nachhaltigkeit zu 100% in Projekten umzusetzen.
Nachhaltigkeit befürworten alle, aber nur wenige sind bereit, dafür einen Mehrpreis zu zahlen. Wie schätzen Sie das Nachhaltigkeitsbestreben der Immobilienbranche ein?
Dieses Thema haben wir für uns noch nicht abschließend beantwortet. Wir müssen argumentieren, was der Mehrwert eines nachhaltigen Produktes für den Bauherren ist. Beim Eventformat ARCHITECT@WORK bin ich in der Kommission tätig und beschäftige mich dort viel mit Produktinnovationen. Deutsche Unternehmen von Beleuchtungs- bis Oberflächenherstellern liefern nachhaltige, innovative und auch anspruchsvoll gestaltete Produkte. In jedem Fall können diese den Wert eines Gebäudes steigern – das ist oftmals ein entscheidender Punkt. Gerade in den Bereichen Office und Hotel nutzen viele das Thema nachhaltiges Bauen als Marketinginstrument für das eigene Unternehmen. Im besten Fall steigern die nachhaltige Ausstattung und der nachhaltige Betrieb den Immobilienwert.
Welche Ansprüche haben Sie – auch im Bezug auf das Thema Nachhaltigkeit – an das Bad der Zukunft?
Nachhaltigkeit speziell im Bad, auch beim „trendigen „Wohnbad“ oder dem Bad im Officebereich, ist eine Frage der persönlichen Haltung. Das Bad kann als Aufenthaltsort, Entspannungsraum und Spa-Bereich dienen, selbst wenn es ausgesprochen klein ist. Wir finden es spannend, wenn Produkte vielfältig einsetzbar sind, damit wir beispielsweise die unterschiedlichsten Waschtisch- und Duschabtrennungsoptionen planen und gestalten können. Technologien zum Energie- und Wassersparen sind für uns ebenfalls ein wichtiger Faktor, für den wir bei unseren Bauherren gerne werben. Ein guter TGA-Planer, der verlässlich auf unserer Seite ist, erscheint dabei unerlässlich.
Gast
Susanne Brandherm
brandherm + krumrey interior architecture
Susanne Brandherm studierte Innenarchitektur an der Fachhochschule Detmold. Nach verschiedenen Stationen in Kölner Innenarchitekturbüros gründete sie 1999 zusammen mit Sabine Krumrey das Büro brandherm + krumrey interior architecture, dessen Standort in Köln von ihr geleitet wird. Für ihre Arbeit wurde Susanne Brandherm mit dem INsider Award 2013 sowie dem Deutschen Innenarchitektur Preis 2019 des Bundes Deutscher Innenarchitekten (bdia) ausgezeichnet. Neben ihrer gestalterischen Tätigkeit lehrte sie von 2013 bis 2015 an der Hochschule Trier und hat aktuell einen Lehrauftrag an der Hochschule Düsseldorf, PBSA. Seit 2012 ist sie Mitglied des Kuratoriums der Messe architect@work Germany, seit 2016 Jurymitglied beim German Design Award.
Susanne Brandherm ist seit 2002 ehrenamtlicher Vorstand der Karl Bröcker Stiftung „Zukunft für Kinder“.
Sabine Krumrey
brandherm + krumrey interior architecture
Sabine Krumrey studierte Innenarchitektur an der Fachhochschule Rosenheim. Nach verschiedenen Stationen in süddeutschen Innenarchitekturbüros arbeitete sie seit 1993 als selbstständige Innenarchitektin. Im Jahr 1999 gründete sie gemeinsam mit Susanne Brandherm das Büro brandherm + krumrey interior architecture in Köln. Seit dem Jahr 2000 leitet Sabine Krumrey den Hamburger Standort des Büros. Für ihre Arbeit wurde sie 2008 für den INsider Award nominiert. Außerdem ist sie Preisträgerin des Deutschen Innenarchitektur Preises 2019 vom Bund Deutscher Innenarchitekten (bdia). Seit 2015 ist sie als Dozentin im Fachbereich Raumkonzepte und Design an der AMD Akademie Mode und Design in Hamburg tätig.
Gastgeberin
Sabine Gotthardt
Leader, Business Development Architecture & Real Estate Central Europe, LIXIL EMENA
Als Diplom-Ökonomin wurde sie 2008 von der GROHE Deutschland Vertriebs GmbH beauftragt, ein Netzwerk von VIP-Architekturbüros und Immobilienunternehmen aufzubauen, um deren Empfehlungsverhalten zugunsten von GROHE positiv zu beeinflussen. Als "Türöffnerin" entwickelte sie Strategien, um die Top-Entscheider der Architektur- und Innenarchitekturszene an GROHE zu binden. Verschiedene von ihr entwickelte Interviewreihen dokumentieren das Engagement von GROHE, die Entwicklungen und Veränderungen in der Baubranche als Partner zu begleiten.